Haller Tagblatt am 7.Dezember 2019
Schwäbisch Hall. „Gesund und fit bis 100 Jahre“, das ist es, was uns die Gesundheitsindustrie und Werbung vorgaukelt. Es widerspricht aber der Realität. Denn Gesundheit ist kein Normalzustand, sondern die Ausnahme. So die Soziologin Annelie Keil am Donnerstagabend in ihrem Vortrag
„Die Pause zwischen Geburt und Tod heißt Leben“, organisiert vom Hospiz-Dienst Schwäbisch Hall und der VHS.Es war ein heiterer, aber auch ernster Abend im voll besetzten Musiksaal der VHS, berichtet der Hospiz-Dienst. Mit Lebenskrisen kennt sich Annelie Keil aus. Selbst überlebte sie einen Herzinfarkt, mehrere Krebserkrankungen und einen schweren Autounfall.
„Das Leben kennt keine grundsätzliche Pause. Diese wäre der Tod. Leben ist pausenlos unterwegs“, sagt Annelie Keil. Die Soziologin engagiert sich für die Hospizbewegung. Besonders berührt haben sie die Gespräche mit sterbenden Kindern. Ein Fünfjähriger bittet die Krankenschwester, ihm ihre Lieblingsblumen aufzumalen – damit er ihr im Himmel einen Blumenstrauß pflücken könne. Auf die vorsichtige Frage, ob er denn auch die Lieblingsblumen seiner Mutter kenne, antwortet er: „Schon, aber ich habe ihr nicht erzählt, dass ich ihr auf der Himmelswiese einen Strauß pflücken werde, denn dann muss sie weinen.“ Kinder haben eine eigene direkte Art mit Krankheit und Tod umzugehen, von der Erwachsene viel lernen können, so Annelie Keil. Trotz aller Bemühungen hat es die Medizin nicht geschafft, auch nur eine Krankheit abzuschaffen. Wir sollten also aufhören, dem
Leben permanent abzuhandeln, dass wir gesund bleiben. Vielmehr gilt es, sich im Umgang mit dem Unvorhersehbaren des Lebens zu arrangieren.