Ehrenamt Beatrix Förstel und Doro Herrmann aus Weckrieden engagieren sich im ambulanten Hospizdienst unter anderem als Trauerbegleiterinnen.
„Und plötzlich ist alles anders…“ steht auf einem Flyer des ambulanten Hospizdienstes, der damit über ein Angebot informiert, das sich an Trauernde richtet. Denn nach dem Verlust durch den Tod macht jeder Mensch eigene Erfahrungen, wie er mit der neuen Situation zurechtkommt – oder halt zunächst auch nicht. Plötzlich ist eben alles anders. Und in dieser Situation können Ehrenamtliche wie etwa Beatrix Förstel und Doro Herrmann Trauernden zur Seite stehen.
Der ambulante Hospizdienst Hall begleitet Menschen in der letzten Lebensphase. Dir rund 30 bis 35 ehrenamtliche Mitarbeiter – „die meisten sind Frauen“, sagt Beatrix Förstel. Etliche Mitarbeiter kümmern sich auch um Trauernde. „Seit sechs Jahren gibt es unser Begegnungscafé“, erzählt Doro Hermann. Die 54-Jährige gehört zu den Initiatorinnen dieses Angebots: Am ersten Sonntag des Monats trifft man sich von 15 bis17 Uhr beim Hospizdienst im Brückenhof 6/1 in Hall. Miteinander Kaffee trinken, sich erinnern und erzählen oder einfach nur zusammensitzen – das Café soll ein Ort sein, an dem die Menschen mit ihrer Trauer sein dürfen. „Parallel dazu bieten wir auch Einzelgespräche an“, erklärt Herrmann. Wichtig sei, dass sich niemand zu etwas gezwungen fühlt. Kurz gesagt: Wer reden möchte, spricht, wer schweigen möchte, ist ebenso willkommen.
Floskeln vermeiden
Beatrix Förstel und Doro Herrmann haben für die Trauerbegleitung zahlreiche Qualifikationen erworben und sich intensiv mit dem Thema Trauer und Tod befasst. Sie haben gelernt, dass sich der Prozess des Trauerns in verschiedene Phasen gliedert, „und man lernt, die Grenze zum Therapeutischen kennen“, erklärt Herrmann. Zudem werden Methoden geübt, wie man etwa Gespräche führt, „man lernt dabei auch viel über sich selbst“, sagt Beatrix Förstel.
Und man lernt, dass Floskeln im Gespräch mit Trauernden besser vermieden werden sollten: „Die Menschen durchleben eine schwierige Situation, müssen sie aushalten – und wir sind da, um das mit auszuhalten“, erklärt Doro Herrmann.
Der ambulante Hospizdienst bietet Trauernden auch andere Möglichkeiten an, Gedanken, Gefühle und Erfahrungen mit anderen Betroffenen zu teilen: eine gemeinsame Wanderung auf dem Weiterweg bei Gschwend, „Heilsames Singen“ gemeinsam mit einer Kunsttherapeutin oder demnächst, vom 22. Bis 24. Februar, ein Filzwochenende unter dem Motto „Farben der Trauer“. Es geht darum, den Schmerz auszudrücken, ihn sichtbar zu machen.
Aber wie kommt es, dass sich die beiden Frauen so intensiv in ihrer Freizeit mit den Themen Tod und Trauer befassen? Doro Herrmann machte vor Jahren die Erfahrung, dass sie es nicht schaffte, zwei sterbenskranke Frauen zu besuchen. „Ich wollte immer hin.“
Das hat sie bedrückt. Dann erfuhr die Mutter dreier erwachsener Kinder vor 12 Jahren von der Arbeit des ambulanten Hospizdienstes – und fühlte sich dort gleich am richtigen Platz. „Klar, ich bringe mich mit meiner Zeit ein, aber ich bekomme auch so viel zurück“, erklärt sie.
Beatrix Förstel fand den Zugang vor acht Jahren quasi über ihren Beruf Die 61-jährige ist Körpertherapeutin und arbeitet nach der Trager-Methode. Bei der Arbeit mit Menschen, die sie berührt, habe sie immer wieder gespürt, dass sich die Trauer auch im Körper festsetzen kann. „Ich wollte mehr darüber wissen: „Was packen die Menschen da in sich hinein, was nicht raus darf?“, sagt die dreifache Mutter. Überdies habe ihr persönlich die Beschäftigung mit Tod und Trauer auch mehr Gelassenheit gebracht.
Zuhörer in schweren Zeiten
Der ambulante Hospizdienst wurde 1992 ins Leben gerufen. Er ist seit 2003 ein gemeinnütziger Verein. Die Ehrenamtlichen begleiten Menschen in der letzten Lebensphase, hören zu, entlasten die Angehörigen und begleiten Trauernde. Der Hospizdienst ist zudem Kooperationspartner im Trauernetzwerks Hohenlohe-Schwäbisch Hall.
Haller Tagblatt, 29.Januar 2019, Artikel und Foto von Bettina Lober